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Maria Soxbo, Chronik nr 5.

2021 haben wir die etablierte und preisgekrönte Journalistin und Autorin Maria Soxbo dazu eingeladen, die Nachhaltigkeitsfrage gemeinsam mit uns in den Vordergrund zu stellen – auf eine moderne Weise, die Interesse weckt. Wir denken, dass der erste Schritt darin besteht, dahin gehendes Bewusstsein zu schaffen, um danach gedanklich zu reifen und in langfristige Handlungen umgesetzt zu werden. Wenn Maria zu diesem Thema Stellung nimmt, gelingt es uns hoffentlich, sowohl die Vernunft anzusprechen als auch zu Taten zu motivieren.

Erneuerung und Zufriedenheit

Wechsel der Jahreszeiten. Die Temperatur fällt um ein paar Grad und der Strickpulli, die Kerzen und die Lieblingstasse werden hervorgeholt. Der Urlaub ist vorbei, wir sind ausgeruht und munter zurück an der Arbeit und über den meisten Dingen schwebt eine prickelnde Aufbruchstimmung. Kribbeliger Herbst!

Oft ist dieses Gefühl positiv besetzt. Vielleicht gelingt es, wieder mit dem Training und reibungslosen Routinen zu beginnen, während gleichzeitig der Alltagsstress, mit dem man nicht so zufrieden war, hinter sich gelassen werden kann. Eine Seite umblättern, neue Schritte gehen – das ist ein befriedigendes Gefühl.

 

Maria Soxbo ist Journalistin, Autorin und Mitbegründerin von Klimatklubben.

Gleichzeitig schleicht sich ein anderes, nicht ganz so behagliches Gefühl an. Ist es nicht auch Zeit, sich … zu erneuern? Dinge zu kaufen? Die Trendberichte schießen wie Pilze aus dem Boden, die Geschäfte stellen sich neu auf und es ist schwer, sich dem zu entziehen, was „richtig“, „heiß“ und „in“ ist. Man wird mit neuen Eindrücken in einer Geschwindigkeit bombardiert, gegen die man sich schwer zur Wehr setzen kann und schließlich wird das süße Gefühl sommerlicher Zufriedenheit verdrängt. Schrecklich, wie das Sofa plötzlich so … last year aussieht? Und warum hat man sich für Grau entschieden, jetzt scheinen alle Beige zu wählen?
Obwohl die meisten der Aussage zustimmen, dass kurzlebige Konsumtrends ein ungutes Bauchgefühl auslösen, ist es trotzdem schwer, den hübsch verpackten, zielgerichteten Botschaften zu widerstehen: Jetzt ist DAS in – und nichts anderes.

Neben der Flut an neuen Produkten in Magazinen in der Werbung und in Schaufenstern, zeigt uns Instagram außerdem die aller schönsten Ausblicke vom Zuhause anderer Menschen, wo speckige Mülleimer und widerspenstige Ladekabel mit Abwesenheit glänzen. Auf der anderen Seite des Bildschirms gönnen sich Menschen ständig neue Sachen für ihr bereits perfektes Zuhause und ihre perfekten Garderoben. Die Flut der Bilder fremder Menschen erzeugen ein weich gezeichnetes, bildschönes Dasein, von dem die meisten heimlich träumen, und sich deshalb davon verschlingen lassen. Wir wollen doch alle, dass der Herbst eine goldene Seite hat und nicht nur regennasse Handschuhe, Dunkelheit und Stress.
Es ist verführerisch, dem Traum eines Eimers mit Farbe und Neuanschaffungen ein bisschen näher zu kommen (drei Klicks und schon ist genau solch ein Teppich auf dem Weg nach Hause!). Denn dann kann vielleicht das schleichende Unbehagen darüber, dass der Kleiderschrank upgedatet werden „sollte“ und die Tapete ihre Aufgabe erfüllt haben, gelindert werden, und wir können uns wieder zufrieden fühlen?

Es ist eine schwere Gratwanderung zwischen Erneuerung und Zufriedenheit, und vermutlich beherrschen wenige die Kunst, vollkommen unberührt von der Flut inspirierendes Material zu bleiben. Das Zuhause sich ein Leben lang entwickeln zu lassen, sich nur mit Dingen zu umgeben, die man wirklich liebt, und langfristig zu denken, klingt in der Theorie sowohl sinnvoll als auch wunderbar. Aber in der Praxis ist es nicht genauso leicht umzusetzen. Man wird ja ständig mit der gegenteiligen Botschaft gefüttert.

Sich zufrieden zu fühlen ist eine Fähigkeit, die Übung erfordert. Manchmal kann ein frisch geputztes Heim, ein flammender Herbstzweig in einer Vase und der Duft von etwas frisch Gebackenem reichen, damit sich das Gefühl der Zufriedenheit wie die Wärme eines Kamins ausbreitet. Ein anderes Mal kann man sich nicht über das Gefühl hinwegtäuschen, dass etwas verändert werden muss, damit die Sinne auch zu ihrem Recht kommen.

Aber Zufriedenheit durch Erneuerung muss sich nicht um neuen Konsum drehen. Sie kann ebenso durch das Umstellen der Möbel oder durch Fundstücke vom Trödelmarkt erreicht werden. Oder indem man neue und lustvolle Traditionen entwickelt – vielleicht ist es ein Soundtrack, der Besuch eines Freundes oder die tägliche Kaffeepause auf der Treppe, die fehlen?

Zufriedenheit kann weder bar noch auf Raten gekauft werden. Sie wird nicht in den Farben der Saison hergestellt, kommt nie aus der Mode und wird nicht als ‚limited edition‘ produziert – sondern reicht für alle.

Ein neues Verhältnis zum Konsum ist dringend notwendig, und vielleicht ist der erste Schritt, ihn von den Gefühlen zu entkoppeln? Der Herbst ist eine Jahreszeit, Zufriedenheit ein Gefühl und die Goldkante – ja, was sie genau ausmacht, bestimmt man selbst.

Maria Soxbo ist Journalistin, Autorin und Mitbegründerin von Klimatklubben, einer Plattform für Nachhaltigkeit. Als Einrichtungsbloggerin sattelte sie auf Greenfluencerin um, damit sie stattdessen mehr Menschen Inspiration für die Vorteile einer nachhaltigen Lebensweise geben kann. Sie ist davon überzeugt, dass es den meisten von uns besser damit gehen würde, ein Leben im Rahmen der Grenzen unseres Planeten zu führen, anstatt in einem sich heutzutage schnell drehenden Hamsterrad das Konto und die mentale Gesundheit zu belasten. Gemeinsam mit Emma Sundh betreibt sie auch den Podcast Plan-B, bei dem es um das gute Leben nach der Umstellung geht. Maria hat in Eigenregie und gemeinsam mit anderen insgesamt sechs Bücher über Klima, Nachhaltigkeit und Umstellung geschrieben. 2021 landete sie auf Platz 25 der Liste von Schwedens 101 nachhaltigsten Personen.

@mariasoxbo.se
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